Montag, 30. Juli 2018

Nur zu Besuch

Ein strahlend schöner Tag. Ich stehe vor eurem Grab, und ein paar Sonnenstrahlen blinzeln durch die Bäume.
Im April hatten M. und ich es euch endlich ein bisschen hübscher gemacht, und nun rupfe ich ein paar Büschel Gras aus, die sich frech durch eure weißen Steinchen gemogelt haben.

So ein friedlicher Ort.
Ich bin nicht mehr so oft bei euch, und manchmal denke ich, ihr auch nicht mehr bei mir. Wo eure Seelen jetzt wohl sind?
Immer noch auf der Reise, oder irgendwo... angekommen?

Ich bin ruhelos zur Zeit, und sehr aufgeregt.
Dass ich heiraten werde, habt ihr ja sicher mitbekommen.

Und dass mir diesbezüglich viel im Kopf herum geht - vielleicht spürt ihr es auch?

Vielleicht findet ihr es ein bisschen lustig, dass eure Mama immer wieder Worst Case-Szenarien in ihrem Kopf bastelt. "Ja, so ist sie, die Mama. Keine Ahnung, warum sie sich immer so viel Stress um nix macht!"

M. und ich fahren nach unserem Besuch bei euch weiter, zur Location wo wir in ein paar Wochen feiern wollen.
Es sind nur wenige Autominuten von euch entfernt. Dabei haben wir das gar nicht danach ausgesucht. Aber es passt trotzdem so gut.

Auf dem Rückweg fahren wir wieder am Friedhof vorbei. M. sagt "Nochmal winken!" und ich überlege ob wir am Tag der Feier wohl mit lautem Hupkonzert bei euch vorbei fahren.

Der Gedanke macht mich so traurig. Vorbei fahren. Ein paar Küsse in den Himmel. Ohne euch feiern gehen.

Wie soll das gehen?

Letztens sagte mir meine Kollegin N., dass ich es mir ruhig erlauben darf, glücklich zu sein.

Ja (und dann kommt wieder das "aber"), natürlich, aber ich bin gleichzeitig so furchtbar traurig, dass ihr nicht dabei sein könnt.

Als der Pastor fragte, ob jemand Blumen streuen würde, habe ich natürlich an euch gedacht.
Würdet ihr bestimmt, wenn ihr nur irgendwie gekonnt hättet.

Ich bin gerade so böse auf das Schicksal, dass ich nicht beides haben durfte. Einen liebenden Mann und lebende Kinder.

Eine Ironie auch, dass ich ohne dieses Schicksal wahrscheinlich niemals M. begegnet wäre.

Meine Gedanken drehen sich im Kreis.
Vielleicht sollte ich sie einfach annehmen. Nicht bewerten. Und einfach mal wieder traurig sein, weil auch das jetzt zu meinem Leben dazu gehört.

Schlaft gut, meine süßen Mäuse. Eure Mama hat euch so lieb!