Freitag, 17. Juni 2016

Über den Schmerz

Manchmal habe ich nachts ganz eigenartige Träume.
Ich träume dann nicht von Situationen, Menschen oder halbwegs greifbarem, sondern von meinen Gefühlen.
In diesen Träumen spüre ich einen irrsinnigen Schmerz, wie ein tiefer Strudel im Wasser, in dessen Tiefe man schon den Grund erahnt. Es fühlt sich an, als würde ich in mich hineinschreien.

Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich meinen Schmerz verkapselt habe.
Er hat sich ein kleines Nest gebaut, tief in mir, und ab und zu lupft er mal raus.

Je länger der Tod von Erik und Paul her ist, desto öfter gestatte ich mir, den Blick klar auf das zu richten, was uns passiert ist. Es ist sehr schwer für mich, das ganze als meine Realität anzunehmen.
Oft wirkte es auf mich, als würde ich einen Film vor meinem inneren Auge sehen, aber die Geschehnisse nicht mit MIR verknüpfen.

Wenn ich jetzt die Tagebucheinträge aus der Zeit im Krankenhaus lese, die ich teilweise tagesaktuell für die Dropbox aufbereitet habe, bin ich oft verstörter als damals. Was für eine tolle erste Verarbeitungsstrategie das war. Und wie froh ich bin, dass wir so viele Fotos gemacht haben.

Ich fühle mich oft so klein und so wertlos und so wenig verwurzelt in dieser Welt.
Wenn ich mir das aber alles durch den Kopf gehen lasse - sollte ich vielmehr auch mal stolz auf mich sein.
Ich habe vieles richtig gemacht in diesem ganzen Falschen.

Es ist anstrengend, Ich zu sein. Diese ganzen Gefühle unterzubringen, groß, klein, wütend, traurig, liebend, leidend. Und es dauert wirklich, seinen Weg zu finden.

Es ist immer noch oft Kampf. Für Normalität, gegen Normalität. Aber - was ist denn schon normal.

Müde

"Long time no see", lieber Blog.

Es ist still geworden um mich.
Woran das liegt, versuche ich seit Wochen irgendwie rauszukriegen.

Ich bin erschöpft, müde, kann und mag mich nicht recht aufraffen, leb in einer Blase zwischen Zuckerwatte und Augenzuhalten.
Fühle mich fremd mit mir, bin nicht traurig und nicht glücklich, irgendwo schwerelos in einem Land zwischen Gestern und Morgen.

Das Gestern ist dunkel und traurig, das Morgen noch nicht geschrieben und damit unsicher.
Ich mag dieses "unsicher" nicht.

Ich versuche mir ein neues Leben aufzubauen, das ich unheimlich schön finde, und habe gleichzeitig riesen Angst, das alles wieder zu verlieren. So genieße ich lieber gar nicht erst zu sehr, denn, das hab ich ja gelernt, es kann mir von heute auf morgen alles weggenommen werden.

Für einen Kontrollfreak wie mich ist es ein schreckliches Gefühl, so wenig Einfluss auf die wichtigen Dinge des Lebens zu haben. Ich versuche mich im "Fließenlassen", aber das ist ja so gar nicht mein Ding, genau wie das viel gelobte "Loslassen", "Treibenlassen", jawasauchimmerlassen.

Wie kann ich mir eine Sicherheit aufbauen in dieser unsicheren Welt?
Ist es wirklich einfach nur "hinfallen, aufstehen, weitermachen?" Wieder und wieder? Wie oft kann man das? Wann ist die Grenze erreicht?

Die letzten 1 1/2 Jahre waren oft so anstrengend, und ich müsste wahrscheinlich wochenlang ohne Pause schlafen, um die Energielevel wieder vollzubekommen.

Manchmal wäre ich so gerne die alte Tanja, unbelastet(er) und hoffnungsvoll(er).