Freitag, 11. September 2015

1 Jahr alt

Da kam er also.
Dieser eine schon im Vorfeld kritisch beäugte und viel beweinte Tag, 5. September.

Der erste Blick aus dem Fenster: enttäuschend! Der Himmel grau, und es nieselte.

Bisher waren alle wichtigen Tage im Leben von Erik und Paul mit blauem Himmel und Sonnenschein ausgestattet gewesen. 
Wahrscheinlich war dort oben einfach viel wütender Rabatz - so hatte ich mir den 1. Geburtstag meiner Söhne schließlich auch nicht vorgestellt.

F. holte mich gegen 9 Uhr von zu Hause ab und wir fuhren ins Krankenhaus.
Ich war - sehr - froh, dass sie sich bereit erklärt hatte mitzukommen, alleine wäre ich nämlich noch vor der Parkplatzschranke direkt wieder umgekehrt.

Ich bin ja eigentlich Fan von so ein bisschen Konfrontationstherapie, und so war es dann auch richtig und wichtig, dort zu sein, als um 9:45 und 9:46 die imaginären Kopfglocken läuteten und die Geburtsstunde von Erik und Paul gekommen war. Wir haben ziemlich viel geweint, einen ziemlich großen Caramellmacciato getrunken und Rührei und Heidelbeerkuchen gegessen. 

Anschließend ging es dann zu mir und ich hab noch ein paar Muffins gebacken und wir guckten uns Fotos der Jungs an und redeten über die beiden. 

Gegen Mittag brachen wir zum Friedhof auf, wo schon mein Vater, meine Schwester und B. warteten, die extra aus dem fernen Bayern angereist war. Dort gab es dann am Grab ein bisschen innere Einkehr und wir stießen mit Sekt auf die beiden kleinen Männer an.

Ich will da nicht zwingend Verknüpfungen ziehen, aber als ein Schwung Sekt vor mir auf der Wiese landete (eingießen will gelernt sein!) klarte der Himmel etwas auf und die Sonne schob sich durch die Wolkendecke. Hallo Jungs! 

Dann fuhren wir wieder zu mir nach Hause wo es Kaffee und Kuchen gab, I. stieß auch dazu und mit dem schönen Wetter wurde auch die Stimmung allmählich heller und wir haben viel gequatscht und gelacht, was einfach schön war.

Am frühen Abend ging es dann weiter zu F. und ihrer Familie, ich hatte mir gewünscht nicht allein zu sein und mich kurzerhand dort eingeladen (kommt ja nicht SO oft vor :D huhu Zweitwohnsitz!).

Ich bin sehr stolz dass wir das alle so prima gemeistert haben an diesem schlimmen, schönen und traurigen Tag.
Einen Geburtstag ohne die Geburtstagskinder zu feiern ist irgendwie nicht richtig.

Aber ich bin abermals froh, dass ich so unfassbar tolle Menschen um mich herum habe, die immer noch mit mir lachen, mit mir weinen, sich nicht abschrecken lassen und den steinigen Weg mit mir gehen, komme was wolle.

Auf Erik und Paul, und auf uns alle!


Samstag, 5. September 2015

Heute vor einem Jahr

Da war noch alles gut.

A. und ich waren bei Freunden und hatten Umstandskleidung und Babysachen geschenkt bekommen.
Anschließend gab es Spaghetti mit allemann und ich stellte mir vor, wie riesig dieser Bauch noch werden würde.
In den letzten Tagen gab es einen enormen Wachstumsschub und ich sah recht ähnlich aus wie meine Freundin F., die 10 Wochen weiter war. War bei ihr halt nur ein einzelnes Baby :-)

In der Nacht zum 5. September bin ich dann mit starken Schmerzen aufgewacht. Als noch Blut dazukam, rief A. einen Krankenwagen. Premiere für mich! Mit Blaulicht und Tatütata ging es ins Krankenhaus. Ich weiß noch, dass ich es etwas übertrieben fand, aber gleichzeitig hatte ich auch große Angst. Was, wenn doch etwas ernstes war...?

Ich wäre so gern als hysterische Erstschwangere wieder aus dem Krankenhaus marschiert.
Aber ich ging nirgendwohin. Der Muttermund stand fast vollständig offen, die Jungs waren geburtsbereit. Scheiße. SCHEISSE.

Kontrollfreak der ich bin, hatte ich mich schon vorab mit so ziemlich sämtlichen Szenarien auseinandergesetzt (ich konnte das Google-Verbot leider nie so ganz durchsetzen).
Aber Theorie und Praxis sind doch immer zwei Paar Schuhe. Und man denkt ja letztendlich nie, dass einem irgendwelche Horrorgeschichten selbst passieren.

Mein ganz persönlicher Horror ist eingetreten, eine extreme Frühgeburt mit ungewissen Ausgang.
In dem Stadium (offiziell 23. Woche, korrigiert auf 25. Woche) war die Grenze zur Lebensfähigkeit außerhalb des Mutterleibs gerade so eben erreicht. Was das konkret bedeutete - keine Ahnung.

Die Ärzte wollten ihr möglichstes tun, und um die bestmöglichen Chancen rauszuholen, wurden die beiden Jungs schließlich mittels Kaiserschnitt auf die Welt geholt.
Für eine PDA blieb keine Zeit, also gab es eine Vollnarkose, werdender Papa bitte draußen bleiben, Not-OP, bäm.

War das ein Scheißgefühl. Ich hab den Ablauf immer noch bildlich vor mir, der ganze Tag war wie ein wahrgewordener Albtraum. Nach der OP dann immerhin auf exklusiven Drogen.

Und die Jungs lebten! Nach ein paar Stunden durfte ich sie das erste Mal sehen. Sie waren winzig klein und wunderschön. Und sie hatten ziemlich witzige Mützchen auf.

Ich finde es unfassbar, dass das alles schon ein Jahr her ist. Und dass sie nicht mehr da sind.