Dienstag, 30. Juni 2015

Aus 4 mach 1

Der Papa von Erik und Paul ist vor knapp 2 Wochen ausgezogen.

Unsere Beziehung hat den Tod der Kinder, die Trauer, die Wut, die Verzweiflung nicht überstanden.
Unsere Wege der Bewältigung waren derart verschieden, dass es an der Zeit war, die Notbremse zu ziehen.

Ich habe von einigen meiner neuen Bekannt- und Freundschaften im Verwaiste-Eltern-Kreis von bösen Streitigkeiten und vielfältigen Verletzungen auf emotionaler Ebene gehört. Überwiegend vormals glückliche Happy-Peppy-Pärchen.

Entweder die Trauer um die gemeinsamen Kinder schweißt einen noch enger zusammen, oder sie lässt die Liebe entzwei brechen.

Ich bin traurig, aber es kam nicht überraschend. Seit vielen Monaten kämpften wir mal mehr, mal weniger aufrichtig um unsere Beziehung.

Eine liebe Kollegin formulierte neulich sinngemäß "Letztes Jahr wart ihr noch zu viert, nun bist du wieder zu einst." Darüber habe ich lange nachgedacht.

Es tut weh, wenn man von dem Menschen, mit dem man am engsten an dieses Schicksal gebunden ist, nicht die Geborgenheit erfahren kann, die man so dringend bräuchte.

Aber es zwingt mich auch, neue Wege zu gehen. Bekanntschaften auszubauen, Freundschaften zu vertiefen. Geborgenheit im Kreise von Familie und Freunden zuzulassen.
Rauszugehen in eine Welt, die ich grad viel zu groß, viel zu laut und viel zu hell empfinde.

Danke A., für 4 schöne und 1 bescheidenes gemeinsames Jahr.

Ich hoffe, du findest deinen Weg.

Montag, 8. Juni 2015

Das Trauma und ich

Wir Eltern haben also ein Trauma erlitten. So sagt man es uns. 

Hier sitze ich nun und schreibe aus meinem Trauma heraus. 

Wieso denn eigentlich Trauma? Geht es mir nicht eigentlich recht gut?
Hey, ich geh arbeiten, gehe unter Leute, fliege sogar in fremde Länder!

Ich fürchte langsam, so einfach ist es nicht.
Ich fühle mich so... verändert. 
Und jedes Mal, wenn ich mir selbst erzähle "Ist doch alles ok! Du machst das doch ziemlich gut alles!" schleicht sich wenige Stunden oder Tage später der Schatten wieder von hinten an und legt sich über mich. 

Der Verlust der eigenen Kinder ist das Schlimmste, was man erleben kann.
Ich habe den Satz viele Male gehört (vorzugsweise von Therapeuten) und er geht mir oft im Kopf herum. 

Ich habe also das Schlimmste erlebt. 
Der Körper und der Geist sind schon ziemlich ausgebufft. Die lassen solche Sätze nämlich gar nicht erst an mich ran. Ich fühle mich seltsam unbeteiligt. 

Das fing schon mit Eriks Tod an. Plötzlich stehen da erschütterte Ärzte und Schwestern, die einem kondolieren. Ich weiß noch, wie völlig abstrakt ich das gefunden habe. 
"Es tut mir so Leid!" Hä, wie bitte? 
Ich hab es überhaupt nicht gecheckt. Habe nicht im Inneresten gespürt, im System quasi, was da passiert ist. 
Pauls Tod hab ich dann erst recht nicht begriffen.

Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich ganz am Anfang stehe. Dass die Verarbeitung gerade erst anfängt. Wobei, das ist nicht ganz richtig. Ich bin viel in innerer Bewegung. 

Und ich finde den Gedanken absurd anzunehmen, dass man nach einem halben Jahr "drüber weg" ist. Oder nach einem ganzen Jahr. 

Die Zeit im letzten Jahr ist mir noch so präsent, und gleichzeitig unheimlich weit weg.
Wie sehr graut mir vor dem 1. Geburtstag und den 1. Todestagen. 

Dienstag, 2. Juni 2015

Im Wechsel der Jahreszeiten

Erik und Paul sind auf einem kleinen Friedhof bei uns in der Nähe bestattet worden.

Sie haben einen eigenen Grabplatz, der mir sehr wichtig geworden ist.
Nach einem richtig schlimmen Tag komme ich fast schon gerne dorthin und kann in Ruhe meinen Gedanken nachhängen, mit ihnen sprechen und mich ordentlich leer weinen.
Und an schönen Tagen zieht es mich dort ebenso häufig hin. Dann schaue ich dem Wind in den Windspielen zu, lass mich von der Sonne kitzeln und freue mich, dass die beiden da waren.

Nun sind wir beiden Elternteile nicht gerade mit dem grünen Daumen gesegnet, aber im Laufe der Monate haben wir ein paar erste Ideen entwickelt.
Wenn es rein nach dem Papa gegangen wäre, hätten wir ein Wikingergrab, über und über mit Steinen bedeckt. Auch schön, aber irgendwie wenig kindgerecht. Fand ich.

Unbeirrt ist er nicht nur einmal nach Rügen gefahren und kam dort mit kiloweise Hühnergöttern zurück. Wir fanden also einen Kompromiss und unsere Version eines Sommergrabs (die Blumen proudly presented by Oma D.) sieht nun so aus:




Im Winter deckt man Gräber ab, wie wir neu gelernt haben und das sah dann so aus:




Als der Frühling kam, verschwanden die Tannenzweige und wir wagten eine erste zarte Bepflanzung:


Viel tun können wir leider nicht mehr für unsere Kinder. Es tut gut, wenigstens im Kleinen etwas schaffen zu dürfen, und wenn es nur die kurze Freude über kleine Albernheiten wie ein niedlicher Pilz mit Gesicht oder ein Mitbringsel aus dem Urlaub ist.