Dienstag, 29. Dezember 2015

Kummer

Die Weihnachtstage sind vorüber, die Weihnachtspfunde fühlen sich rundum wohl, und ich sitze seit vielen Tagen mal wieder gänzlich allein in meiner muckeligen Wohnung.

Seit Tagen beschleicht mich eine diffuse Traurigkeit, und der wollte ich mal etwas nachgehen.
Habe mir seit vielen Wochen mal wieder Fotos von Erik und Paul angeschaut, alte Tagebucheinträge gelesen, traurige Musik gehört, das ganze Programm.

Die Fassungslosigkeit darüber, was meine Söhne und ich erlitten haben, wird nicht kleiner.

Es hilft mir sehr, mich damit zu beschäftigen, aber die Erkenntnis, die daraus erwächst, schnürt mir jedes Mal wieder die Kehle zu:
Es gibt eine Lücke in meinem Herzen, die sich niemals schließen wird, die niemals gefüllt werden kann.
Egal was ich (schönes) erlebe, egal wohin ich gehe, Erik und Paul kommen nicht wieder, das Leben läuft vorwärts, nicht rückwärts, und alles was mir bleibt sind Erinnerungen.

Zweifelsohne schön, aber es nimmt mir nicht den Schmerz, wenn ich z. B. kleine Jungs sehe, oder - immer noch am schlimmsten - ganz frische Neugeborene, die einfach so mit ihren Muttis kuscheln können, weil es eben das normalste auf der Welt ist.

Kleine Wesen, die wachsen und groß und stark werden.
Bei uns wird keiner groß und stark. Meine Babies werden immer Babies bleiben, ich kann nur erahnen wie sie jetzt wohl aussehen würden.
Und gleichzeitig macht es mich wütend darüber nachzudenken, denn schließlich wird es nie so sein, die Gedanken sind müßig, es ist egal, es ist nicht Realität.

Das Jahr 2015 war das zweitschlimmste Jahr in meinem Leben. Ich bin froh, dass es bald vorbei ist.
Und auch froh über die guten Dinge, die trotz allem passiert sind.
Über Menschen, die an meiner Seite geblieben sind. Und auch über die, die neu in mein Leben getreten sind und es bereichern, in welcher Form auch immer.

Denn eines stimmt wirklich: nach Schicksalsschlägen trennt sich die Spreu vom Weizen.

Hallo Weizen, tschüs Spreu!





Dienstag, 8. Dezember 2015

Heim

Der Umzug ist weitestgehend überstanden.
Und ich habe ihn sowas von unterschätzt! Zumindest rein emotional betrachtet.

Die letzten Wochen mit Geburtstag und Todestagen hatten eh schon enorm am Nervenkostüm gezerrt, aber es blieb nur wenig Zeit zum Durchschnaufen. Weiter weiter WEITER.

Vielleicht war der Zeitpunkt für einen Umzug einfach blöd gewählt. Andererseits ist eine 3-Zimmer-Wohnung, in der so viele Träume gestorben sind, auch platzmäßig oder finanziell auf Dauer nicht tragbar.
Und eine WG oder ähnliches aufzuziehen war für mich völlig undenkbar. Bisher lebte ich entweder allein oder mit jeweiligem Partner zusammen. Und der Mensch ist schließlich auch ein Gewohnheitstier.

Aus der neuen Rummelbude wird nun ganz allmählich ein Heim.
Es ist total schön, sich langsam einzurichten (und langsam ist keine Übertreibung, aber anscheinend brauche ich die Zeit) und sich Stück für Stück mehr einzufühlen.

Und ich habe, zum Beispiel, wieder Gefallen an der Idee von Weihnachtsdeko gefunden. War vor einem Jahr total undenkbar.
Und auch Weihnachtsmärkte sind wieder schön, die Idee von Weihnachten überhaupt, nicht mehr so unsagbar grau wie letztes Jahr.

Vielleicht, oder ziemlich sicher, liegt es auch daran, dass ich verliebt bin, dass der Blick aufs Leben wieder ein friedvollerer ist.
Die Akzeptanz von dem, was mein Leben nun ist, ist größer geworden.
Ich vermisse meine Söhne jeden Tag, und gleichzeitig sehe ich auch für mich ganz persönlich wieder Perspektiven außerhalb dieser Rolle als trauernder Mutter.

Plötzlich bin ich, auch wenn das wahrscheinlich ziemlich komisch klingt, auch mal wieder einfach nur: Frau.

Vielleicht sind das mit die größten Geschenke, die mir in diesen ganzem Elend zuteil wurden - die Neugier aufs Leben nie gänzlich zu verlieren und die Hoffnung zu behalten, dass mein Leben noch ganz viel schönes für mich bereit hält.