Donnerstag, 29. Oktober 2015

Paul

Mein liebster kleiner Paul,

diese tiefe dunkle Nacht, in der du von uns gingst, jährt sich nun auch bei dir.

Ich habe es damals nicht verstanden, und verstehe es auch jetzt nicht, dass auch du nicht bei uns bleiben durftest.
Ich habe die Gespräche mit den Ärzten noch in glasklarer Erinnerung, sehe die Ultraschallaufnahmen deines Herzens im Geiste vor mir, spüre die Ohnmacht und das Gefühl dahinter, endgültig verloren zu haben.
Ich wollte es nicht akzeptieren, dich nicht auch noch verlieren.

Ausgerechnet du, der gekämpft hat wie ein Löwe.

Ich hatte so große Angst um dich, als du in deiner zweiten Nacht eine Gehirnblutung hattest.
Habe daraufhin auf mögliche Zeichen geachtet, ob bei dir "irgendwas nicht stimmt".

Was total bescheuert ist im Nachhinein, denn es hätte nie etwas an der Tatsache geändert, dass du mein Sohn bist und ich dich liebe und alles dafür getan hätte, dass du ein schönes Leben hast, egal ob mit Einschränkungen oder ohne.

So oder so finde ich bis heute faszinierend, wie viel Charakter auch schon in dir steckte, und dass du so ganz anders gewesen bist als dein Brüderchen. So sensibel! Und gleichzeitig so renitent!

Mit welcher Entschlossenheit du da dein Gewicht verdreifacht, eine Gehirn-OP weggesteckt oder tagelang so gut wie selbstständig geatmtet hast... ich war so zuversichtlich und habe mir schon ausgemalt, wie wir dich vielleicht schon Weihnachten mit nach Hause nehmen dürfen.

Und ich bin so unglaublich wütend und traurig, dass es dann so anders kam.
In der Nacht zum 29. Oktober sind mit dir alle Hoffnung, jeder Wunsch und sämtlicher verbliebener Kampfgeist gestorben.

Kleiner Mann, es tut mir so weh dass unser gemeinsamer Weg so zeitig geendet hat.

Ich liebe dich so sehr und auch, wenn uns jetzt noch Zeit und Raum trennen, sind wir verbunden, heute und für immer.

Deine Mama

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